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Im Damenstift

D 1983. R, B: Eberhard Fechner. S: Brigitte Kirsche. P: WDR

Alte Leute sind wunderlich - Adlige sind wunderlicher

Sechzehn Damen aus dem deutschen Adel im Alter von 76 bis 88 Jahren leben in einem Wasserschloß unweit von Köln. Alle unverheiratet, unvermögend und katholisch. Eine Stiftung des Grafen von Nesselrode ermöglicht Ihnen, in komfortabler Umgebung einen ruhigen, „standesgemäßen“ Lebensabend zu verbringen - testamentarisch verfügt vom letzten Erben des Schloß Ehreshoven, geknüpft an die Bedingung, daß die Damen aus Familien stammen, die im Gotha verzeichnet sind.
Ihre Lebensgeschichten erzählen diese Freifrauen, Gräfinnen und schlichten „vons“ nun Regisseur Eberhard Fechner, der aus den Einzelportraits der adligen Stiftsdamen kunstvoll das Gesamtbild einer gesellschaftlichen Klasse des zwanzigsten Jahrhunderts komponiert: Zeitgeschichte durch Familiengeschichten. Wesentlichen Anteil an der Konstruktion dieses Mosaiks aus Fotographien, Bildnissen und 35.000 Filmmetern erzählter Lebensmomente hat Fechners Stammeditorin Brigitte Kirsche, deren beidruckende Montage aus der Fülle des Materials ein aussagekräftiges Konzentrat destilliert.

Die Erinnerungen der alten Damen spiegeln kaleidoskopartig die deutsche Gesellschaft in Glanz und Elend der Jahrzehnte vom Kaiserreich bis zur Entstehung der Dokumentation. Sichtbar wird vor allem eine Gemeinsamkeit - sie alle erzählen vom Verlust. Vom Tod der Nächsten, dem Verlust der Heimat, dem Abschied von Landhäusern, Schlössern, vom Besitz. Sensibel aufgezeichnet treten diesem Kontext auch die Charakteristika des deutschen Adels zutage: Man findet wenig Larmoyanz, wenig Bitterkeit im Damenstift, allenfalls gefaßte Resignation oder Melancholie. Darüber aber liegt eine Heiterkeit, die nicht nur Teil des antrainierten „comme il faut“ ist, sondern vor allem die abgeklärte Gelassenheit alter Menschen.

„In raffinierten Schnitten fügen sich akribisch zerlegte Einzelinterviews zu einer Ganzheit, die verblüffend „natürlich“ anmutet, tatsächlich aber ein höchst artifizielles, exakt geplantes Meisterstück der „oral history“ ist.“
Die Zeit, 2. November 1984

 

 
 

 
 
 
 
 
 

 

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